Seit bald drei Jahrzehnten Pfeifenmann im Fussball

«Neutral zu bleiben ist eine Charaktersache»

Seit Beginn seiner Schiedsrichterkarriere 1975/76 hat der Wilchinger Schiedsrichter Arthur «Turi» Kraft im Dienste des FC Neunkirch rund 1000 Partien geleitet.

FCN: Wie genau erinnern Sie sich nach 29 Jahren an Ihre Anfänge als Schiedsrichter?

Arthur Kraft: Nach Teileinsätzen als Fussballer in der 2. Liga beim FC Neunkirch und drei Operationen an der Achillessehne fragte mich Präsident Heinz Rähmi an, ob ich an einem Schiedsrichterkurs teilnehmen wolle. Zusammen mit ihm besuchte ich den Lehrgang und pfiff mein erstes Spiel 1975/76 bei den C-Junioren.

FCN: Was hat sich in den letzten 30 Jahren für den Referee verändert?

Arthur Kraft: Heute wird in allen Ligen bedeutend schneller, kampfbetonter und teilweise athletischer gespielt. Zum grossen Teil ist die Fairness während einer Partie vom Schiedsrichter abhängig.

FCN: Immer öfter gehen bei einem Spiel die Emotionen hoch. Ein vermeintlicher Fehlentscheid und die Nerven liegen blank. Wie gehen Sie damit um?

Arthur Kraft: Ich bleibe möglichst ruhig und konsequent. Die Captains werden zur Beruhigung ermahnt. Wird es hektisch, besteht die Tendenz zum kleinlichen Pfeifen und noch härterem Durchgreifen bei den Spielern.

FCN: Auch Schiris haben nicht immer die besten Tage. Gibt es Momente, in denen man am liebsten gegen eine Mannschaft pfeifen würde?

Arthur Kraft: Nein. Auch während den Spielen gibt es bei mir keine Vorurteile gegen jemanden. Möglichst neutral zu bleiben ist Charaktersache. Ist ein Verein mit mir unzufrieden, kann er beim Verband den Wunsch äussern, mich für längere Zeit bei den Spielen nicht mehr einzusetzen.

FCN: Gute Schiedsrichter sind selten. Nicht zuletzt, weil viele vom Verein dazu verdonnert werden. Was unternimmt der Verband, um leistungsfähige Referees zu erhalten?

Arthur Kraft: Die guten Schiris sind diejenigen mit langjähriger Erfahrung. Talente werden vom Verband gefördert, haben die Möglichkeit in höheren Ligen als Linienrichter zu assistieren. Durch das Beobachten des Schiedsrichters sammeln sie Erfahrungen sowohl im psychologischen Verhalten als auch im sehr wichtigen Fingerspitzengefühl.

FCN: Der Manipulationsskandal Robert Hoyzer in der Bundesliga ist in aller Munde. Wäre solches auch bei uns in den unteren Ligen möglich?

Arthur Kraft: Ein solcher Fall in den oberen Ligen wäre reine Spekulation. Manipulation ist ebenfalls Charaktersache. Mit intensiver Ausbildung und Erfahrung hat es jeder Schiri in der Hand, jederzeit ein reguläres und gutes Spiel zu leiten.

FCN: Sie erwischen einen schlechten Tag. Im Spiel läuft es nicht so, wie sie es wollen. Die Emotionen gehen hoch. Wie beruhigen Sie sich?

Arthur Kraft: Ich analysiere und übe Selbstkritik. Zudem stelle ich mir die Frage, was ich besser oder anders hätte machen können.

FCN: Erhalten Sie Reaktionen nach einem Spiel?

Arthur Kraft: Vor allem positive. Eines der schönsten Komplimente ist dasjenige, wenn Spieler zu einer guten Spielleitung gratulieren, obwohl die eigene Mannschaft verloren hat.

FCN: Wie seriös soll oder muss sich ein Schiedsrichter physisch und psychisch auf die 90 Minuten vorbereiten?

Arthur Kraft: Eine seriöse Vorbereitung ist das A und O. Beides hängt direkt zusammen. Ohne physisch gute Verfassung funktioniert es mit der Psyche nicht. Wer konditionell nicht «zwäg» ist, neigt zu Konzentrationsfehlern. Ich halte mich mit Joggen und Konditionstrainings fit.

FCN: Wie lange bleiben sie der Pfeiferei noch treu?

Arthur Kraft: Wenn ich gesund bleibe, mache ich auch nach dem Jubiläum im 2006 noch weiter. Entscheiden werde ich dann aber von Jahr zu Jahr.

Arthur «Turi» Kraft:
«Gute Schiris zeichnen sich durch Ehrlichkeit, Offenheit und Glaubwürdigkeit aus.»

(Der Artikel erschien in dieser Form (2005) auch im «Schaffha

geschrieben von Marcel Tresch