Es gibt keinen Schiedsrichter aus der Region Schaffhausen, der höher pfeift als Florian Schmid. Zusammen mit Routinier Metin Akarpinar aus Neuhausen ist er der einzige 2.-Liga-Schiedsrichter der Region. Bis zum Frühling 2004 war er sogar Assistent in der 1. Liga. Er gehörte der Schweizer Talentgruppe an. Kein Wunder. Denn der Aufstieg des Neunkirchers war kometenhaft. Mit 17 Jahren wurde er Junioren-Schiedsrichter. Innerhalb von fünf Jahren stieg er von der 5. in die 1. Liga auf. Alles lief perfekt. Obwohl er zwischenzeitlich auch im Militär Karriere machte, wäre es kaum schneller gegangen. Doch dann hiess es: Endstation. Nicht wegen seiner Leistung. Nein, weil Schmid dem Schweizerischen Fussballverband nicht uneingeschränkt zur Verfügung stehen konnte. Das wäre in den höchsten Schweizer Ligen Pflicht. «Mein Beruf kostete mich die Karriere», sagt der 25-Jährige etwas reumütig. Er arbeitet unregelmässig, oft auch am Wochenende. Der Klettgauer, der seit einiger Zeit berufsbedingt in Grafstal ZH wohnt, hätte gerne höher gepfiffen. «Mein Beruf hat aber Vorrang. Ich muss den Entscheid akzeptieren.»
Als Spieler zwei linke Füsse
Der Rücktritt stand für Florian Schmid trotz des Karriereknicks nie zur Diskussion. «Hauptsache, ich kann pfeifen», sagte er sich. Denn Fussball bedeutet ihm alles. Als B-Junior trat er dem FC Neunkirch bei. «Aber als Fussballer konnte man mich nicht gebrauchen. Ich hatte zwei linke Füsse», gibt er offen zu. Trainer kam für ihn mangels Sach- und Fachkompetenz nicht in Frage. Als ihn Juniorenobmann Reto Baumer als Schiedsrichter anfragte, war Schmid sofort begeistert. «Ich selbst wäre gar nicht auf diese Idee gekommen. Aber für mich war das die perfekte Rolle.» Statt bei Neunkirchs A-Junioren zu spielen, stand er fortan meist als Junioren-Schiedsrichter im Einsatz.
Während seines rasanten Aufstiegs wurde das Talent laufend inspiziert und qualifiziert. Die Rapporte hat er alle feinsäuberlich in einem Ordner abgelegt. Noch heute blättert er oft darin, liest die Kritiken genau durch. Diese fielen zumeist sehr positiv aus. Die Inspizienten loben vor allem Schmids Persönlichkeit, die Interpretation der Vorteilsregel und dass er nicht kleinlich pfeift.
Seine bisherigen Höhepunkte als Schiedsrichter hatte Florian Schmid dieses Jahr als 1.-Liga-Assistent beim Innerschweizer Derby Cham – Zug vor über 1000 Zuschauern. Oder beim 1.-Liga-Derby Etoile Carouge – Chênois. Überhaupt hat er an die Zeit als Schiedsrichter-Assistent viele schöne Erinnerungen. So reichte er nach dem Match unter anderen den ehemaligen NLA-Spielern Thomas Wyss, Adrian Kunz, Patrick Bühlmann und Heinz Herrmann die Hand. «Vor einigen Jahren sah ich diese Spieler noch als Fan am Fernsehen. Und nun blies ich ihnen an der Linie den Marsch.»
Freude an der Herausforderung
Gemeinhin gilt der Job des Schiedsrichters als undankbar. Nicht für Florian Schmid. Für ihn ist diese schwierige Aufgabe eine «pure Freude». Der Reiz? «Die Herausforderung, immer wieder neue Situationen zu beurteilen.» Kritik lässt Schmid an sich abprallen. Die Kommentare der Zuschauer und Trainer nimmt er gar nicht erst wahr. «Während der Partie habe ich eine Schutzhaut ausgefahren», sagt er. Bis jetzt habe er sich noch nie bedroht gefühlt. «Das Schlimmste war bisher ein Betreuer, der mich mit einem Trinkbidon und einem Schreiber bewarf.» Für den Jung-Schiedsrichter überwiegen die positiven Aspekte. Es ist ihm auch egal, dass er bis zu viermal pro Woche im Einsatz steht. Hauptsache, er hat etwas mit Fussball zu tun. Am nächsten Samstag steht er für einmal in der Region im Einsatz. Er pfeift das Cupspiel Thayngen (3. Liga) – Zürich-Affoltern (2. Liga).
(Der Artikel erschien in dieser Form (2004) in den «Schaffhauser Nachrichten»)
geschrieben von Monika Nyfeler